Von wahren Kosten und echten Preisen

Jedes Unternehmen trägt selbst die Verantwortung, wie es wirtschaftet – auf Kosten anderer und der Umwelt oder lieber nachhaltig und verantwortungsvoll. Die kürzliche Debatte um eine einwöchige Marketing-Aktion eines Discounters zeigt vor allem, dass sich wahre Kosten und echte Preise nicht über Nacht erfinden lassen.

Wir haben uns gedacht: Zeit für etwas „Werbung“ in eigener Sache! Denn unser Engagement in der Bio-Branche dauert nun schon 30 Jahre aus Überzeugung und ist keine kurzlebige Aktion, um Aufmerksamkeit „um jeden Preis“ zu generieren.

Zusammenhalt zahlt sich aus!

Vieles, was man in der Bio-Branche schon immer mitgedacht und umgesetzt hat, zahlt sich jetzt im wahrsten Sinne des Wortes für alle aus: Im Januar 2023 veröffentlichte der BÖLW (Bund ökologische Lebensmittelwirtschaft) die Studie „Bio wirkt als Inflationsbremse“. Diese bestätigte, dass die Preise für Bio trotz Inflation stabiler bleiben als die für konventionell erzeugte Lebensmittel, vor allem im Bio-Fachhandel, also in Bio-Läden und Bio-Supermärkten. Preisunterschiede zwischen konventionellen und Bio-Lebensmitteln haben sich 2022 deutlich verringert. In bestimmten Bereichen, wie z. B. bei Milch und Butter, aber auch bei Gemüse waren konventionelle Produkte zeitweise teurer als Bio-Lebensmittel.

Die besondere Preisstabilität im Bio-Fachhandel hat mehrere Gründe: Zum einen konzentriert sich der Bio-Fachhandel auf regionale Wertschöpfungsketten und ist damit weit weniger abhängig von globalen Entwicklungen und Preisschwankungen am Weltmarkt. Der Fokus von Bio-Unternehmen liegt auf außerdem auf langjährigen und stabilen Partnerschaften. Zudem verzichten sie auf umweltschädliche Maßnahmen, wie den Einsatz von synthetischen Pestiziden oder Gentechnik. Die vertrauensvollen Partnerschaften und die nachhaltig gewachsenen Strukturen sind ein wichtiger Grund, warum die Preise für Bio-Lebensmitteln in den letzten zwei Jahren weitestgehend stabil geblieben sind. Davon profitieren auch die Verbraucher*innen.

True Cost ist meistens unsichtbar

Die wirklichen Kosten, die wir alle zahlen müssen, liegen in vielen Fällen hinter dem Preisschild – versteckt in den negativen Auswirkungen auf unsere Umwelt und uns selbst. Der Betrag auf dem Kassenzettel zeigt also oft nicht die wahren Kosten (True Cost), die durch Folgeerscheinungen der Lebensmittelproduktion entstehen, wie z. B. Kosten zur Behebung von Umweltschäden und Krankheiten. Diese werden durch Abgaben, Steuern und Krankenkassenbeiträge beglichen und bleiben damit für Verbraucher*innen unsichtbar.

Bei der Preisberechnung nach dem True-Cost-Modell schneiden Erzeugnisse aus der Bio-Landwirtschaft deutlich besser ab. Obst, Gemüse und Getreide aus konventionellem Anbau sind nur vermeintlich billiger. In Wahrheit zahlen wir dafür schon immer einen hohen Preis: Sichtbar wird ein Teil des echten Preises bei den bisher scheinbaren Schnäppchen nur, weil sich die Kostensteigerungen, z. B. für Energie, nicht mehr mit den Billigpreisen abdecken lassen und von den Lieferanten der Supermärkte und Discounter direkt an die Verbraucher*innen weitergegeben werden. Doch solche Preiserhöhungen führen nicht zu verbesserten Bedingungen bei der Erzeugung von Lebensmitteln – Erzeuger und Landwirte gehen dabei leer aus.

Im bestehenden System der Lebensmittelwirtschaft werden vor allem Unternehmen subventioniert, die zu Lasten von Umwelt und Klima wirtschaften. Gerade weil große Supermarktketten und Discounter die Preise bei Erzeugern bzw. Landwirten drücken und Umweltfolgeschäden auf die Allgemeinheit abwälzen, können sie günstigere Preise anbieten. Das Sparverhalten in Krisenzeiten ist in Europa sehr unterschiedlich: Der Anspruch an qualitativ gutes Essen ist z. B. gerade in Italien oder Frankreich hoch, und es werden lieber in anderen Konsumbereichen Ausgaben gekürzt, als auf gesunde Ernährung zu verzichten. Konsumenten in Deutschland hingegen sparen gerne als Erstes bei ihren Lebensmitteln und deren Qualität.

Es geht nur gemeinsam!

Mit Ihrem Einkauf in Bio-Läden und Bio-Supermärkten fördern Sie eine ökologische, klimafreundliche Lebens-mittelwirtschaft sowie eine nachhaltige Entwicklung statt eher kurzfristige Gewinnmaximierung. Um Verbraucher*innen finanziell mehr zu entlasten, die wahren Kosten noch gerechter zu verteilen und auch das Ziel 30 Prozent Bio-Anteil zu erreichen, müssen aber alle Beteiligten – Politik, Handel und Landwirte – zusammenarbeiten. Konkrete Vorschläge dafür wären z. B. eine Absenkung der Mehrwertsteuer für Bio-Produkte, die Berücksichtigung nachhaltiger und umweltschonender Produktionen von Lebensmitteln in der Wirtschaftsförderung oder auch die Einführung einer längst überfälligen Pestizidabgabe.

Der Discounter Penny will die Ergebnisse seiner einwöchigen „Wahre-Kosten-Aktion“ in einer Studie Anfang 2024 veröffentlichen. Bis Wissenschaftler und Discounter ihre Erkenntnisse gewonnen haben, machen wir inzwischen weiter mit dem, was wir schon seit 30 Jahren erfolgreich und aus Überzeugung tun: Möglichst vielen Menschen gute Bio-Lebensmittel zu bezahlbaren, nachvollziehbaren und echten Preisen zugänglich machen, den regionalen und weltweiten Ökolandbau verantwortungsvoll fördern, Landwirten und Erzeugern verbindliche, auskömmliche Preise zahlen, um langfristig einen umfassenden Wandel hin zu einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Land- und Lebensmittelwirtschaft zu erzielen und so auch Verantwortung für nachfolgende Generationen zu übernehmen.

Autorin: Christine Fröhlen (ebl-Redaktion)