Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit

Dazu hat sich die neue Bundesregierung in ihrem jüngst verabschiedeten Koalitionsvertrag bekannt. Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit, das sind sicherlich auch die großen Themen des Jahres gewesen.

Das Ringen um Klimagerechtigkeit auf den Straßen, in den Rathäusern und Parlamenten und schließlich beim Klimagipfel in Glasgow. Die Sehnsucht nach Gerechtigkeit in vielen Teilen der Welt. Diese Themen sorgen für eine zunehmende Polarisierung in unserer Gesellschaft. „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.“, hat Albert Schweitzer geschrieben. Das scheint gerade jetzt zur Weihnachtszeit eine gute Erinnerung zu sein, um diese gewachsenen Gräben wieder zu überbrücken. Dazu braucht es den Willen, sich in das Gegenüber hineinzuversetzen. Ohne die Fähigkeit über sich und die eigenen Bedürfnisse hinauszusehen, wird es schwer, sich überhaupt noch zu verständigen.

Wohl kaum einer möchte sein Wohlbefinden auf dem Leid anderer gründen. In der Bayerischen Verfassung ist diese Idee, das Wohl aller im Blick zu behalten, unter dem Begriff der Gemeinwohlpflicht zusammengefasst. Denn die Freiheit des Einzelnen hat ihre Grenzen dort, wo sie die Freiheit anderer berührt, heute oder in der Zukunft. Es scheint aber, dass viele von uns mehr Angst vor den Veränderungen haben, die beispielsweise durch eine konsequente Klimapolitik herbeigeführt würden, als vor den Folgen des Nichtstuns. Angst ist nicht rational, sie lässt sich nicht mit Argumenten wegdiskutieren und schon gar nicht mit Druck oder gar Gewalt. Im Gegenteil, dies verstärkt das beklemmende Gefühl eher noch.

Innehalten und sich in andere hineinversetzen

Die vielfältigen Meinungen dazu, wie es gehen könnte, diese multiplen Krisen unserer Zeit zu lösen, spiegeln sich auch im Koalitionsvertrag wider. Das ist manchmal schwer auszuhalten und zugegebenermaßen läuft uns an einigen Stellen auch ein wenig die Zeit davon in diesem mühsamen Diskurs. Und doch, gerade jetzt ist es wichtig, vielleicht einmal innezuhalten. So gerne wir auch schnelle Lösungen hätten, Logik allein wird andere nicht überzeugen, denn unser Widerspruch ist eben oftmals nicht rational begründet. Es gilt, einander zuzuhören, sich in andere hineinzuversetzen, es auszuhalten, dass Dinge uns auch mal unlogisch erscheinen. Denn ja, das sind sie auch manchmal, und doch ist es valide, sich zu seinen Ängsten zu bekennen.

Von der Kunst, nützliche Beziehungen zu gestalten

Gerade in Zeiten zunehmender Polarisierung ist es wichtiger denn je, dass wir im Gespräch bleiben und nicht aufhören auch unser Gegenüber zu sehen. Hier könnten wir viel von der Natur lernen. Die Permakultur lehrt uns, Lebensräume als Gesamtsystem zu sehen. Sie lehrt, Lebensräume so zu gestalten, dass ein Zusammenleben von Mensch, Tier und Pflanze zeitlich unbegrenzt funktioniert. Unsere Ozeane, Seen oder Wälder, als sich selbst regulierende Systeme, dienen hier als Vorbild. Diese Prinzipien lassen sich auch auf unser Miteinander übertragen. Patrick Whitefield, Autor des „Earthcare Manuals“, nannte Permakultur „die Kunst, nützliche Beziehungen zu gestalten“. Anstatt also die Gräben zu vertiefen, gilt es für uns alle, das Interesse aneinander nicht zu verlieren, einander zuzuhören und zu verstehen, wo die Wurzeln der Ängste und Sorgen der jeweils anderen sind. Das schafft zwar noch keine gemeinsame Agenda für möglich Lösungen, aber es hilft, die Dinge mit anderen Augen zu sehen und Brücken zu bauen, auf denen wir uns dann wieder begegnen können. Wir alle können solche Brückenbauer*innen sein. Gerade an Weihnachten sollten wir uns das zu Herzen nehmen und aufeinander zugehen.

Herzlich grüßt
Ihr Frank Braun (freier Autor für die ebl-Redaktion)