Die BIOFACH 2023 – zwischen Angst und Hoffnung

Rund 36.000 Fachbesucher aus aller Welt machten vom 14.-17. Februar Nürnberg wieder zur Bio-Hauptstadt. Regional, vegan, nachhaltig – das waren die Trends der Biofach 2023.

Der Schwerpunkt des diesjährigen Kongressprogramms hieß „Bio. Ernährungssouveränität. Wahre Preise“. Ein hochaktuelles und wichtiges Thema, in einer Zeit, wo der Bio-Fachhandel durch die rasante Inflation keinen leichten Stand hat. Ein Rückblick: Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir betonte bei seiner Eröffnungsrede, dass die Bio-Branche vorbildlich aufzeige, wie nachhaltige Produktion entlang der gesamten Wertschöpfungskette gelingt. Sie stehe für regionale Vertriebswege, faire Partnerschaften mit bäuerlichen Familienbetrieben und einen starken Mittelstand in den ländlichen Räumen. Laut Özdemir sei der Öko-Landbau Leitbild der Bundesregierung für eine nachhaltige Landwirtschaft. Er sei überzeugt, dass das Ziel „30 % Bio bis 2030“ erreicht werden könne. Gelingen solle das mit der Zukunftsstrategie ökologischer Landbau, die er als „Bio-Plan“ der Bundesregierung bezeichnete. Spannend war auch seine Aussage zur Preisentwicklung bei Bio-Produkten: „Die Preise von Bio-Produkten sind in Krisenzeiten stabiler. Hier wirken vorrangig regionale Lieferketten und die größere Unabhängigkeit von Mineraldünger quasi wie eine Inflationsbremse.“

Ein Supermarkt der wahren Preise

 Erstmalig war im Kongresszentrum ein Supermarkt der wahren Preise aufgebaut. Was würden unsere Lebensmittel kosten, wenn alle Nebenwirkungen an Mensch, Tier und Natur getreu dem Verursacherprinzip mit eingepreist wären, anstatt diese über Steuern und andere Abgaben zu sozialisieren? Eine spannende Frage, deren Bearbeitung schon im Rahmen des schulischen Lehrplans für jedes Kind als Pflichtaufgabe sinnvoll wäre. Dann würden viele die Billigangebote der Discounter mit anderen Augen sehen. Tina Andres, Vorstandsvorsitzende BÖLW, ist überzeugt: „Nur mit ‚wahren Preisen‘ kann ein Wirtschaften innerhalb der planetaren Belastungsgrenzen und somit eine wahrhaft enkeltaugliche Lebensmittel- und Landwirtschaft gelingen. Internationale Organisationen und Politik müssten das Potential von Bio nutzten“. In einer Abendveranstaltung der Deutschen Tier-Lobby zur Biofach zum gleichen Themenfeld berichtete Dr. Tobias Gaukler, der Gestalter des „Supermarktes der wahren Preise“ von der Technischen Hochschule Nürnberg, von seinen Forschungen. So müsste beispielsweise ein Kilogramm konventionelles Hackfleisch 173 % teurer verkauft werden, würde man alle Folgekosten mit einrechnen. Dann würden endlich unsere Preise nicht mehr lügen und „billig“ wäre ein Thema von gestern.

Umdenken bei der Verpackung

Auch das Thema Verpackung und Müllvermeidung ist weiterhin ein großes Thema für die Bio-Branche. Wie lassen sich Umverpackungen, wenn möglich, vermeiden? Und wenn es denn eine Umverpackung braucht, wie könnte man diese so umweltfreundlich wie möglich gestalten und idealerweise wiederverwenden? Es hat sich auch in dieser Branche in den letzten Jahren viel getan. Plastik gehört der Vergangenheit an. Kompostierbare Verpackungsmaterialien sind mittlerweile fast schon Standard, aber erzeugen trotzdem immer noch einen ökologischen Fußabdruck bei der Produktion und Entsorgung. Mehrwegsysteme gehören der Zukunft, aber diese müssen sowohl für den Handel einfach zu handhaben sein, als auch die Akzeptanz der Kund*innen finden. Das ist weiterhin eine Herausforderung.

Gute Tradition ist es mittlerweile auch, dass am letzten Messetag übriggebliebene Lebensmittel an die Tafeln und andere Lebensmittelretter verteilt werden.

Auch das Begleitprogramm zur Biofach war wieder ein voller Erfolg. Am Samstag nach der Messe gab es in der Kulturwerkstatt auf AEG wieder ein tolles Saatgutfestival, bei dem mehr als 30 Anbieter ihr ökologischen Saatgut präsentierten und mit ihren Vorträgen die Hobbygärtner*innen der Region motivieren konnten, im kommenden Frühjahr auch im eigenen Garten oder auf dem Balkon regionale Vielfalt zu pflanzen.

Freier Autor: Frank Braun