Mind-Body-Medizin
(Autorin: Astrid Wahrenberg – Ein Artikel aus dem Magazin Schrot&Korn)
Viele Krankheiten kann der Körper selbst heilen. Die Mind-Body-Medizin zeigt Wege, wie jeder seine Gesundheit stärken kann.
Homeoffice mit den Kindern, Fertigpizza statt Selbstgekochtes und mit dem Joggen klappt es heute auch nicht. Wieder einmal den ganzen Tag nur funktioniert, wieder mal die eigenen Bedürfnisse hintenangestellt. Vorübergehend kommt der Körper mit solchen Situationen klar. Wird Stress zum Dauerzustand, erschöpfen sich die Ressourcen. Dann macht Stress krank. Bluthochdruck, Schlafstörungen, ständige Schmerzen, Herz-Kreislauferkrankungen, Magen-Darm-Probleme, Migräne, Burnout und Depression können die Folge sein.
Um chronisch kranke Menschen mit solchen Beschwerden kümmert man sich im Team rund um Dr. Anna Paul in der Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin in Essen. Dort begleiten sie ihre Patienten ergänzend zur klassischen Schulmedizin mit Methoden der sogenannten Mind-Body-Medizin (MBM).
Blutdruck mit Meditation senken
Den Begriff der „Kopf-Körper-Medizin“ prägten die US-Mediziner Herbert Benson, Dean Ornish und Jon Kabat-Zinn. Hintergrund war die Erkenntnis, dass Bewusstsein und Körper untrennbar miteinander verbunden sind: Was wir denken und fühlen beeinflusst unsere Körperfunktionen. Die Ärzte der Essener Klinik entwickelten das auf Entspannungstechniken wie Atemübungen, Yoga, Achtsamkeitsmeditation, Hypnose und Qi Gong basierende Konzept weiter. Sie ergänzten es um die Ordnungstherapie, wie sie Pfarrer Kneipp und Bircher-Benner begründet haben. Deren ganzheitlichen Konzepte durchdringen alle Lebensbereiche von Ernährung, Bewegung und Entspannung bis zu naturheilkundlichen Anwendungen mit Wickeln, Wassergüssen oder Auflagen.
Was die MBM leisten kann, beschreiben Wissenschaftler der Universität Duisburg-Essen, die das Klinik-Projekt wissenschaftlich begleiteten, so: „Die Mind-Body-Medizin findet Wege, wie die Selbstheilungskräfte zum Beispiel bei vitaler Erschöpfung oder somatischen Erkrankungen gestärkt werden können.“ Das ist nichts, was der Arzt mit einem Medikament verschreiben kann. Gefordert ist Eigenverantwortlichkeit und Selbstfürsorge. Diesen Ansatz vertrat schon Hippokrates, der von seinen Patienten eine aktive Mitarbeit erwartete. Auch jahrtausendealte Gesundheitssysteme wie Ayurveda und traditionelle chinesische Medizin fußen auf einem gesunden Lebenswandel, den jeder selbst verantwortet.
So arbeitet die Mind-Body-Medizin:
• Grundlage sind Arzt-Patienten-Gespräche und Erfahrungsaustausch in der Gruppe.
• Spezialisten für Entspannungstechniken, Ernährung, Sport und Naturheilkunde trainieren den Patienten individuell und zwar immer vor dem Hintergrund der Erkrankung. So werden Zusammenhänge zwischen Krankheit und Lebensstil verstanden und verinnerlicht.
• Wichtig ist das in sich hinein Spüren und Fühlen. Es löst im Körper nachweislich Prozesse aus, die auf körperlicher und geistiger Ebene lindernd wirken.
• Die wissenschaftliche Studienlage ist inzwischen so gut, dass die Mind-Body-Medizin in die medizinischen Leitlinien zur Behandlung von Colitis ulcerosa, Brustkrebs und Fibromyalgie aufgenommen wurde.
Das Gute zu wollen, reiche nicht aus, es müsse systematisch erarbeitet werden und erfordere Geduld und Beharrlichkeit, weiß man im Team um Anna Paul. Ein Beispiel: Wer häufig unter Migräne leidet, schränkt oftmals seine sozialen Kontakte ein. Auf Dauer schlägt der Verzicht auf Müßiggang auf die Stimmung. So kann sich der Körper nicht regenerieren. Oft kommt eine Negativspirale in Gang: Die Muskulatur verspannt sich, die Migräne verstärkt sich. Soziale Kontakte werden weiter reduziert, der Sport aufgegeben. Medikamente lindern nur noch kurzfristig und lösen irgendwann selbst den Schmerz aus.
In der Essener Klinik versuchen die Ärzte, diesen Teufelskreis zu unterbrechen. Um wegzukommen von den Medikamenten, verordnen sie beispielsweise eine Heilfastenkur, begleitet von Akupunktur, heißen Fußbädern und Minzölauflagen auf der Stirn. Wie wichtig es ist, gut für sich zu sorgen – mit Sport, Meditation, guten Kontakten und den eigenen Erwartungen und möglichst positiven Gedanken – all das lernen die Patienten.
Beste Voraussetzung für ein gesundes Leben
Die Mind-Body-Medizin soll jedem einzelnen bewusst machen, was bei ihm Stress auslöst – und wie sein Körper darauf reagiert, „denn vielen Menschen ist gar nicht bewusst, wie sehr sie angespannt bzw. verspannt sind und was das in ihnen anrichtet“, schreiben Professor Dr. Gustav Dobos und Anna Paul in ihrem Fachbuch „Mind-Body-Medizin“. Diese Erfahrung stärke das Körperbewusstsein. Das wiederum sei wichtig, um zu ausgewogenen biologischen Rhythmen zurückzufinden, die Körper, Nerven und Psyche stabilisieren und dadurch akut lindernd sowie präventiv wirken. Präventiv bedeutet: Wer gut für sich selbst sorgt, schafft auf lange Sicht die beste Voraussetzung für ein gesundes Leben.
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