Leben im „Unperfekt“ mit Dankbarkeit

Angeblich startet jede/r dritte Deutsche mit mindestens einem Neujahrsvorsatz ins neue Jahr. Besonders beliebt für 2023 sind Vorsätze wie gesünder ernähren, mehr Sport treiben und mehr sparen. Wie wäre es, wenn wir uns dieses Jahr zum Vorsatz nehmen würden, „Unperfekt“ zu sein und Danke zu sagen? Ja, Sie haben mich schon richtig verstanden.

Gute Vorsätze für das neue Jahr haben eine lange Tradition. Die Rauhnächte, die in vielen Kulturen mit der Wintersonnwende am 21. Dezember beginnen und bis zum 6. Januar andauern, boten sich wohl schon immer für Innehalten und Reflexion an. Gute Vorsätze können wir ja durchaus auch gebrauchen. So vieles ist offensichtlich in Schieflage geraten: das Klima, unser Gesundheitssystem und der soziale Frieden, um nur drei von wohl vielen gesellschaftlichen Baustellen zu benennen. Da sind gute Vorsätze durchaus hilfreich. Meine Top 3 wären: „Unperfekt sein“, „Danke sagen“ und „Positives aussprechen“.

Fangen wir mit dem Vorsatz „Unperfekt sein“ an. Ich fühle mich regelmäßig überfordert mit dem Vorsatz, alles richtig machen zu wollen. Immer wieder mache ich Kompromisse – mit schlechtem Gewissen – weil ich eigentlich weiß, dass sie nicht gut für mich, andere Menschen oder die Natur sind. Ich denke, ich lebe relativ konsequent, aber perfekt, nein, davon bin ich weit entfernt. Dieses Bewusstsein gibt dem Leben so eine Schwere, ein Gefühl von Kampf. Probieren wir doch mal aus, wie es sich anfühlen würde, weiterhin, so oft es uns möglich ist, das Richtige zu tun, das jedes Mal zu feiern und wenn sich dann mal etwas nicht so richtig anfühlt, schenken wir uns ein Lächeln und freuen wir uns über all die Momente, die richtig gut geklappt haben. Seit ich versuche mein Leben so zu leben, geht es mir wesentlich besser.

Das bringt mich gleich zu meinem zweiten Vorschlag für einen für uns alle leicht machbaren Vorsatz für das neue Jahr: „Danke sagen“. Wenn ich mich am Morgen für den Tag mit dem Vorsatz einstimme, das Positive wahrzunehmen und mit einem Danke zu würdigen, merke ich jedes Mal, wie viel Gutes im Kleinen wie im Großen tagtäglich in meinem Leben passiert. Da sind Freunde, die mir helfen, eine Fremde, die mir ein Lächeln schenkt, der Kollege, der mir Hilfe anbietet, die nette Ansage des Zugschaffners oder die Schwester, die mir Trost schenkt, wenn ich mal traurig bin. Wie wäre es, wenn wir Danke sagen, wenn uns so eine kleine Freude geschenkt wird? Das geht im Stillen, aber dort, wo sich die Gelegenheit bietet, können wir es auch freudig aussprechen den Menschen gegenüber, denen wir die kleine Freude zu verdanken haben. Ich glaube, das würde viel ändern, in uns und um uns herum.

Sehe Gutes und rede darüber

Das würde ich mir gerade auch von meinen Journalisten- Kollegen und Kolleginnen wünschen. Machen wir 2023 zum Jahr der positiven Schlagzeilen, anstatt immer das Haar in der Suppe zu suchen. Das können natürlich nicht nur Journalist* innen sondern wir alle! Dabei geht es mir nicht ums Schönreden, sondern um die Perspektive, die wir zu den Realitäten einnehmen, die uns umgeben. Haben wir uns vielleicht zu sehr darauf eingeschossen, Mangel und Fehler zu suchen? Ich glaube, gemeinsame Positionen zu finden in oftmals sehr komplexen Problemfeldern wäre viel einfacher, wenn wir alle damit begännen, erstmal das auszusprechen, das wir als positiv sehen oder womit wir übereinstimmen. Wenn ich zum Beispiel gerade die Wohlfahrtsverbände höre, wie sie über die Regierung herfallen, dass die beschlossenen Maßnahmenpakete zur Abfederung der Inflation vollkommen unzureichend seien und auch ungerecht, dann würde ich mir wünschen, dass wir vielleicht erst einmal würdigen, dass sich unsere Regierung überhaupt mit der Frage befasst, wie Menschen, die von dieser Inflation hart getroffen werden, entlastet werden können. Klar, wir alle denken an unsere Klientel, aber können wir nicht trotzdem erst einmal würdigen, dass hier ein positiver Schritt in die richtige Richtung gemacht wurde? Ich würde es mir wünschen, für 2023 und zwar für uns alle.

Freier Autor: Frank Braun

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ebl-Tipps für ein bisschen mehr Nachhaltigkeit im neuen Jahr:

• Werft kein Essen weg! Besser Einkauf nach Rezept planen und Reste clever verwerten.
• Esst mehr Pflanzen! Gut für die Umwelt und die Gesundheit.
• Weniger ist mehr! Kauft nur, was ihr braucht und benutzt es länger.
• Repariert etwas! Do it yourself, Repair-Café oder Fach-Werkstatt – es gibt viele Möglichkeiten.
• Seid nachhaltig mobil! Unmotorisierte Fortbewegung spart Geld, hält fit und macht die nervige Parkplatzsuche überflüssig.
• Engagiert euch für Klima und Umwelt! Gemeinsam könnt ihr mehr erreichen als alleine.