Erfolg in der Klimaklage

Unterstützt von beispielweise Greenpeace, der Deutschen Umwelthilfe, Germanwatch und Protect the Planet haben zehn junge, ganz unterschiedliche Menschen bereits 2020 Verfassungsbeschwerde eingelegt und zogen für mehr Klimaschutz vor das Bundesverfassungsgericht.

Ende April hat das Bundesverfassungsgericht nun eine bahnbrechende Entscheidung veröffentlicht: Das Grundgesetz wurde generationengerecht ausgelegt und die Karlsruher Richter*innen verpflichteten den Gesetzgeber deshalb, bis Ende 2022 die Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen für die Zeit nach 2030 genauer zu definieren. Indem sich heutige Generationen bis 2030 zu hohe Treibhausgasemissionen zugestehen, griffen sie in die Freiheitsrechte zukünftiger Generation ein. Das Klimaschutzgesetz hat die Reduktionslasten also in unzulässiger Weise auf die Zukunft und die dann Verantwortlichen bzw. Betroffenen verschoben.

Art. 20a des Grundgesetzes (GG) verpflichtet den Staat zum Klimaschutz. In der Begründung des Verfassungsgerichts für seine Entscheidung heißt es deshalb: „Der Schutzauftrag des Art. 20a GG schließt die Notwendigkeit ein, mit den natürlichen Lebensgrundlagen so sorgsam umzugehen und sie der Nachwelt in solchem Zustand zu hinterlassen, dass nachfolgende Generationen diese nicht nur um den Preis radikaler eigener Enthaltsamkeit weiter bewahren könnten.“

Klimaschutz ist Menschenrecht

Unter den Kläger*innen ist auch Luisa Neubauer, eine von Deutschlands bekanntesten Klimaaktivistinnen und Mitbegründerin der deutschen Fridays-for-Future-Bewegung. Durch ihre Beteiligung an der Klimaklage fordert sie nun auch vor Gericht wirksamen Schutz für ihre und kommende Generationen. An der Klage beteiligt sie sich als Privatperson.
Sie gehört, wie auch ihre Mitstreiter*innen bei der Klimaklage, der Generation an, die bereits in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts mit dramatischen Auswirkungen der Klimakrise konfrontiert sein wird. Als Folgen der Erderhitzung werden sich Extremwetterereignisse wie Starkregen, Überflutungen oder Hitzewellen häufen und das Leben der Menschen sowie berufliche Existenzen gefährden.

Hintergrund der Verfassungsbeschwerde

Kritisiert wird, dass die Bundesregierung mit dem 2019 verabschiedeten Klimaschutzgesetz ihrem im Grundgesetz verankerten Schutzauftrag nicht nachkommt, weil sie nicht genug gegen die Klimakrise unternimmt. Im Jahr 2015 wurde in Paris völkerrechtlich verbindlich vereinbart, dass der Ausstoß von Treibhausgasen so schnell wie möglich sinken muss, wenn der Temperaturanstieg möglichst auf 1,5 Grad begrenzt werden soll. Dafür reicht die von der Bundesregierung angestrebte Verringerung der Treibhausgase um 55 Prozent bis 2030 nicht aus. Mit den bisher verabschiedeten Maßnahmen im Klimaschutzgesetz kann nicht einmal dieses Minimalziel erreicht werden.

Bereits 2018 hatten drei schon heute unmittelbar von den Folgen der Klimakrise betroffene Bauernfamilien gemeinsam mit Greenpeace Klage gegen die Bundesregierung beim Verwaltungsgericht Berlin eingereicht. Das Gericht wies die Klage zwar in erster Instanz ab, stellte aber klar, dass Klagen auf mehr Klimaschutz grundsätzlich zulässig sein können und dass sich Klimapolitik an den Erkenntnissen der Wissenschaft orientieren muss.

Zu den Aufgaben der Verwaltungsgerichte zählt zu prüfen, ob die Regierung mit ihren Handlungen Gesetze richtig umsetzt und sie einhält. Bei einem erst beschlossenen Gesetz wie dem Klimaschutzgesetz ist das noch nicht möglich. Eine grundlegende inhaltliche Prüfung eines Gesetzes ist dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten, weshalb sich die jungen Kläger*innen an diese Instanz gewendet hatten. Die Verfassungswidrigkeit beruht derzeit also noch nicht auf der Verletzung von Schutzpflichten, sondern auf der bereits heute durch unzureichende definierte Jahresemissionsmengen angelegten Verletzung von Freiheitsrechten nach 2030.

Der Gesetzgeber muss jetzt eine schlüssige und verbindliche Vorgabe vorlegen, die Treibhausgasneutralität schnell und nicht auf Kosten der jungen Generationen erreicht. Die Entscheidung wird auch auf Verhandlungen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Auswirkungen haben, dem aktuell bereits mehrere Klimaklagen, auch gegen Deutschland, vorliegen.

Herzliche Grüße

Christine Fröhlen (ebl-Redaktion)