Bio – immer aus Überzeugung?

Wohl kein anderes Marktsegment in der Lebensmittelbranche kann eine solche Erfolgsgeschichte vorweisen wie die Bio-Branche. ZEIT ONLINE hat alle Reden im deutschen Bundestag seit 1949 grafisch analysierbar gemacht. Die Begriffe „Bio“ und „ökologischer Landbau“ wurden gemäß dieser Auswertung 1984 zum ersten Mal erwähnt.

Bio, das heißt in der ganzen Produktionskette verantwortungsbewusst mit Mensch und Natur umzugehen. Dazu gehört Klimaschutz ebenso wie Tierwohl, eine zukunftsweisende Ackerbaustrategie, Biodiversität und vieles mehr. Aber ist das wirklich überall so, wo Bio draufsteht? Erfolg zieht natürlich auch Trittbrettfahrer an. Es gibt mittlerweile mehr als 100 Öko-Labels und Bio-Siegel. Da ist es schwer, den Überblick zu behalten und zu verstehen, wo da eigentlich die Unterschiede liegen.

Überzeugungstäter gefragt

Seit der Einführung der EG-Öko-Verordnung 1993 sind die Bezeichnungen „Bio“ und „Öko“ rechtlich geschützte Bezeichnungen, d. h. wenn auf einer Verpackung „bio(logisch)“ oder „öko(logisch)“, „aus kontrolliert biologischem Anbau“ oder „biologisch-dynamisch“ steht, können Sie sicher sein, dass der Inhalt mindestens nach den Vorschriften der EG-Öko-Verordnung hergestellt und kontrolliert wurde. Gerade die Flut der firmeneigenen Siegel rund um das Thema macht sich aber zunutze, dass Begriffe wie z. B. „natürlich“ oder„naturnah“, „unbehandelt“, „schadstoffkontrolliert“, „aus Vertragsanbau“, „aus integriertem Anbau“, „aus umweltschonender Landwirtschaft“ oder „aus Freilandhaltung“ etc. nicht geschützte Begriffe sind, d. h. deren Interpretation lässt viel Spielraum und gibt uns so nur bedingt die gewünschte Transparenz.

Dass ebl-naturkost von Anfang an zu 100 % auf Bio setzt, wo immer möglich mit langjährigen Lieferanten arbeitet, die 100 % Bio produzieren, und zu einem großen Teil aus der Region stammen, ist für Sie als ebl-Kunde sicherlich nicht neu. Der konventionelle Lebensmitteleinzelhandel (LEH) ist da eher Opportunist. Erst sehr spät Ende der 90er Jahre wurden dort erste Bio-Produkte verkauft. Dort gibt es auch nur Bio-Produkte, die hohe Umsätze versprechen. Anfang 2000 kamen dann die ersten Firmen mit eigenen Bio-Labels auf den Markt, sicherlich nicht, um damit den Bio-Standard nach oben zu korrigieren. Es ist offensichtlich, dass hier zwei Weltanschauungen aufeinandertreffen. Hier die Überzeugungstäter des Biofachhandels, der Anbauverbände, die nicht dort aufhören, das Richtige zu tun, wo die gesetzlichen Spielregeln Lücken bieten. Dort der konventionelle LEH, für den Bio ein weiteres Marktsegment ist. Das Forschen, das Entwickeln neuer Märkte, das Weiterentwickeln von Produktionsmethoden und der Produktpalette, das überlässt man gerne den Überzeugungstätern.

Bio ist nicht gleich Bio

Es ist wichtig, diese Unterschiede zu verstehen und wertzuschätzen. Nehmen wir z. B. den Betrieb von Helmut Wendler, mit dem ebl-naturkost von Beginn an zusammenarbeitet. Mit seinem Demeter-Hof ist er in der Hersbrucker Schweiz zu Hause. Seine Junghühner bezieht Wendler aus dem 30 Kilometer entfernten Junghennen-Aufzuchtbetrieb Schubert in Unterrüsselbach. Artgerechte Haltung der Tiere ist hier selbstverständlich. Auch das Futter kommt aus der Region. Alternde Legehennen, die keine Eier mehr legen, werden zu Suppenhühnern verarbeitet und nicht als „Abfall“ betrachtet. Hier hat sich in der Kooperation zwischen dem Züchter, dem Verarbeiter und ebl eine wunderbare Kooperation auf kleinstem Raum entwickelt.

In der Transition- Town-Bewegung leben wir das Motto, mit Herz, Kopf und Hand zu verändern. Fehlt das Herz, wie in so manchen Bio- Produkten, dann ist es wahrscheinlich, dass irgendwo in der Kette von Mensch und Natur jemand verloren hat. Echtes Bio denkt über sich hinaus und will eine Welt hinterlassen, die auch zukünftigen Generationen noch genug zum Leben lässt. Dafür braucht es Menschen und Unternehmen, die getreu dem Zitat von Mahatma Gandhi agieren: „Die Welt hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht genug für jedermanns Gier.“

Herzlich grüßt

Frank Braun (freier Autor)